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Jacques Derrida: Politik der Freundschaft Übersetzt von Stefan Lorenzer Frankfurt/M.: Suhrkamp Verlag, 2000,492 Seiten
Seit dem 11. September 2001 ist nicht aussichtsreich von Freund und Feind zu sprechen - jedenfalls ist dies der Eindruck, den die Überlegungen diverser Feuilletons hierzu hinter- lassen. Kulturkonservative Ansätze sind wieder allzu salonfähig geworden. Wenn jedoch das Schreiben als Praxis damit zu tun hat, das Eigene der Polemik auszusetzen und das Andere solch destruktiver Antithese zu entziehen, wodurch es selbst oft in den Ruf geriet, ein Anderes und gefährlich zu sein, so wäre es vielleicht an der Zeit, gegen diese Entwick- lung Position zu beziehen. Ein mögliches theoretisches Fundament wäre mit Derridas litik der Freundschaft gegeben.
Getrieben wird sie von der Idee der Gerechtigkeit. Doppeldeutigkeit wäre hier frei- lich präziser: Gerechtigkeit ist das, was sie treibt. Gegen wen ist indes gerecht zu sein? Es ist der Freund, der widerspricht, sich widerborstig benimmt, es ist der Feind, der der Freund sein kann und - das erweist sich alsbald - immer ""Freunde, es giebt keine Freunde!" / [...] "Feinde, es giebt keinen Feind!"".1
Der Feind teilt mit dem Freund das Schicksal, ein Gegenüber zu sein, ein Anderer, an den eine Rhetorik gerichtet ist, die Kriegsmaschinerie der Überzeugungskunst...