Content area
Full Text
Zum Dokumentarfilm Superjews von Nirit Peled
Superjews (2013) ist ein Dokumentarfilm über die sonderbare Tatsache, dass sich Fans des Fußballklubs Ajax Amsterdam mit Spitznamen "Superjews", also "Superjuden", nennen. Die Absonderlichkeit hat viele Folgeerscheinungen. So lassen sich die Mitglieder des Fanclubs Davidsterne tätowieren, sie tragen israelische Fahnen und singen hebräische Lieder. Regisseurin Nirit Peled - eine Israeli, die in Amsterdam lebt und arbeitet - untersucht in ihrem Film die Geschichte dieser "Superjuden" und das komplizierte Verhältnis der Stadt Amsterdam zu ihrer jüdischen Gemeinde. Parallel dazu macht sie sich Gedanken über ihre eigene Identität als Jüdin/Israeli in der Diaspora.
Superjews ist nicht nur ein Film über jüdische Identität, sondern über Identität im Allgemeinen. Wie hängt das individuelle Identitätsgefühl mit den Symbolen zusammen, die das Gemeinschaftsgefühl stiften? Peleds Film gibt keine Antwort, woraus jüdische Identität besteht, sondern lässt die Frage offen, um so die Widersprüche des jüdischen Daseins von heute aufzuzeigen. Und diese Widersprüche sind für Jüdinnen und Nichtjüdinnen gleichermaßen interessant.
Peled erzählt, der Anstoß, den Film zu machen, käme von einem Vorfall, den sie mit 20 erlebte. Sie war eben erst nach Amsterdam emigriert. Noch Patriotismus und dem Fahnenkult dort geflohen war, musste mit ansehen, dass in ihrem Exil Menschen diesen Wahnsinn auf bizarre Weise übernahmen. Interessant ist, dass die Verwendung des Davidsterns durch die Ajax-Anhänger dessen offizielle Verwendung in Israel nachäfft. Beide passen das Symbol künstlich an ihre Bedürfnisse an und berauben es damit seiner ursprünglich religiösen Bedeutung.
Jedenfalls gilt Amsterdam als jüdische Stadt. Die Amsterdamer nennen sie seit Langem "mokum", was auf Hebräisch so viel wie "Ort" bedeutet, aber mit der religiösen Nebenbedeutung eines Orts, an dem Gott zu Hause ist. Das ist indessen weder der Grund des "Superjuden"-Phänomens noch des Engagements jener Handvoll Juden, die tatsächlich als Spieler oder Manager für Ajax tätig waren. Wie der Film zeigt, wendeten die "Superjuden" den Ausdruck ironisch um, weil sie seit Langem von den Fans anderer Vereine...