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KZFss 60 (2008) 1:123-135 Doi 10.1007/s11577-008-0006-9
DisKussion
EinMrchenausTausendundeinerNacht? KommentarzudemArtikelvonFrederikeWuermeling PasstdieTrkeizurEUunddieEUzuEuropa?
Zusammenfassung: In ihrem in Heft 2/2007 dieser Zeitschrift erschienenen Artikel argumentiert Frederike Wuermeling, dass die vergleichsweise niedrige Zustimmung der Trken zu den EU-Prinzipien kausal auf das niedrige Bruttosozialprodukt und den hohen Muslimanteil zurckzufhren ist. Tatschlich weist Wuermelings Analyse jedoch eine Vielzahl von methodischen und theoretischen Deziten auf. Die Kernaussagen ihres Beitrages sind deshalb durch die Daten nicht gedeckt.
Stichworte: Trkei Europische Union Europische Wertestudie Religionsfreiheit Demokratie Gleichberechtigung Rechtsstaatlichkeit Mehrebenenanalyse
Abstract: In a recent contribution to this journal, Frederike Wuermeling argues that there is a causal link between the rather low level of support for the EUs core principles amongst the Turkish public on the one hand and the countrys low GDP and its large muslim population on the other hand. Her analysis, however, suffers from a whole host of serious methodological and theoretical aws. Therefore, the core claims of her paper are untenable.
Keywords: Turkey European Union European Values Survey Freedom of Religion Democracy Equal Rights Constitutional Legality Multilevel Analysis
Kai Arzheimer ()
DAAD-Lektor/Lecturer in German and European Politics, Department of Government, University of Essex, Wivenhoe Park, Colchester Co4 3sQ, EnglandE-Mail: [email protected]
* ich danke sarah Kirschmann (Mainz) fr die Beschaffung der Makro-Daten und Ersin oezsahin (Konstanz) fr die bersetzung der trkischen items aus dem EVs-Fragebogen sowie fr zahlreiche wertvolle Hinweise und Anregungen.
KaiArzheimer*
124 K. Arzheimer
1.Einleitung
Frederike Wuermelings in Heft 2/2007 dieser Zeitschrift erschienener Beitrag ber die Verankerung der EU-Grundprinzipien Religionsfreiheit, Demokratie, Gleichberechtigung und Rechtsstaatlichkeit in der trkischen Bevlkerung (Wuermeling 2007) wird ohne Zweifel die bislang recht verhaltene wissenschaftliche Debatte ber einen mglichen Beitritt der Trkei zur Europischen Union beleben. Eher ungewhnlich ist allerdings die Resonanz, die der Beitrag bereits jetzt auerhalb der Fachffentlichkeit gefunden hat. noch bevor das Heft an die Abonnenten ausgeliefert wurde, wurde die Kernaussage des Papiers, die Trkei als islamisch geprgter staat sei derzeit noch nicht reif fr einen Eu-Beitritt, von Massenmedien wie dem Klner stadtanzeiger, der sterreichischen Presse, dem neuen Volksblatt und sogar der Deutschen Welle aufgegriffen und verbreitet. In einer zweiten Rezeptionswelle erreichten wiederum vor Erscheinen des Heftes die eingngigsten Thesen aus der Berichterstattung von stadtanzeiger und Presse sowie aus der von der universitt Kln herausgegebenen Pressemitteilung die einschlgigen Diskussionsforen und blogs im Internet.1 Was man dort...