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Dietmar Goltschnigg (Hrsg.): Georg Büchner und die Moderne. Texte, Analysen, Kommentar. Band 3: 1980-2002
Berlin: Erich Schmidt Verlag, 2004, 779 Seiten
Dietmar Goltschniggs faszinierendes Rezeptionsprojekt zu Georg Büchner liegt nun mit dem vorläufig dritten und letzten Band geschlossen vor. Dieser umfasst die Jahre zwischen 1980 und 2002. In arcadia 38/2 (2003) habe ich über die beiden ersten Bände aus 2001 und 2002, die den Zeitraum zwischen 1875 und 1980 umspannen, bereits ausführlich berichtet und das tragfähige Konzept dieses Projektes dargestellt. Dass sich die drei Sammlungen in alien Passagen so spannend lesen und unentwegt in die zentralen Auseinandersetzungen über die moderne Zivilisation (z.B. zum Begriff und Prozess der Geschichte und zur Rolle des Subjekts in dieser, zum Thema Willensfreiheit und/oder Determinismus, Gewalt - Gegengewalt) hineinführen, hat natürlich nicht zuletzt mit dem epochalen Werk Georg Büchners zu tun, das, wie Goltschnigg gleich zu Beginn festhält, "für den modernen poeta doctus [...] offenbar eine besondere Anziehungskraft [besitzt], gilt doch auch er [Büchner] vielen als 'Inbegriff eines intelligenten Schriftstellers, der die Kunst des Zitierens, Collagierens, Montierens von Quellen, weitweit vor der literarischen Moderne, auf ein Thomas-Mann-Niveau hob'" (S. 12, Walter Jens zitierend). Gerade diese Einsichten waren für den Philologen Goltschnigg offenbar Faszination und Auftrag zugleich.
Man kann nicht umhin, angesichts von etwa 400 Beispielen "produktiver", also in einem weiten Sinne literarischer, inhaltlich und ästhetisch sehr heterogener Auseinandersetzungen mit Büchner und seinem Werk, zuerst einmal einige Zahlen zu nennen, um sich die bemerkenswerte Größenordnung dieses Unternehmens bewusst zu machen. Dabei war und ist sich der Herausgeber jederzeit bewusst, dass sein Projekt einen selektiven und exemplarischen Zugang zu den wichtigsten Aspekten des großen Themas leistet. GoItschnigg schreibt: "Wie schon mehrfach erwähnt, stellt insbesondere die Untersuchung seiner [Büchners] vielfältigen intermedialen, aber auch seiner weltliterarischen Rezeption weiterhin ein vordringliches Desiderat dar" (S. 161) und: "das reichhaltige intermediale Rezeptionsmaterial allein wiirde mehrere Bände füllen" (S. 13). Der Herausgeber mag auch recht haben, wenn er selbstkritisch bemerkt, dass "nicht einmal die literarische Wirkungsgeschichte im engeren Sinne [...] hinreichend aufgearbeitet" (S. 161) werden konnte und auch "noch wesentlich präzisere Wirkungsanalysen" (S. 161) einzelner Werke Büchners hätten angestellt werden müssen.
Freilich, die bunte Bandbreite, die gerade in diesem dritten Band der Sammlung anhand der literarisch-essayistischen und theatralen Auseinandersetzungen mit den verschiedenen Werken und Betätigungsfeldern Büchners fassbar wird,...