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... quicquid loquitur, sal merum est!1
Lucius Afranius
Aufgrund seiner stofflichen Eigenschaften ist das Salz dafür prädestiniert, die Funktion einer poetologischen Metapher zu übernehmen: Gesalzene Rede ist würzige, witzige Rede. Schon Plinius der Ältere hält in seiner Naturalis historia fest, das Salz sei «ein so unentbehrlicher Grundstoff, daß sein Begriff sogar auf außerordentliche Freuden des Geistes übergegangen ist; denn man bezeichnet <den Witz> mit dem <Wort> Salz, und alle Annehmlichkeiten des Lebens, höchste Heiterkeit und Ruhe nach der Arbeit lassen sich durch kein anderes Wort besser kennzeichnen.»2 Es ist jedoch nicht nur die Unentbehrlichkeit des Grundstoffs («elementum») Salz, die zu seiner transitio vom Stofflichen ins Sprachliche geführt hat, sondern besonders dessen spezifische Schärfe und Würze. Nach geläufiger Vorstellung läßt sich die poetologische Metapher Salz denn auch so paraphrasieren, wie es Friedrich Schlegel in einem seiner Kritischen Fragmente getan hat: «Salz im Ausdruck ist das Pikante, pulverisiert. Es gibt grobkörniges und feines.»3
Tatsächlich operiert Cicero im Orator im Zusammenhang mit der angemessenen Verwendung der Schmuckmittel in der oratio humilis bzw. im genus subtile mit dem Bild des Symposions. Im Gebrauch der Redefiguren wird sich der Redner des schlichten Stils Mäßigung auferlegen: «Denn wenn er, wie bei der Ausrichtung eines Gastmahls [ut in epularum apparatu], sich von Luxus fernhalten will und nicht nur zurückhaltend, sondern auch gewählt erscheinen möchte, dann wird er eine Auswahl treffen unter dem, was er anwendet.»8 Zu diesen sorgsam zu dosierenden Stilmitteln gehört auch das Salz, auf das Cicero unmittelbar anschließend zu sprechen kommt: «Huic generi orationis aspergentur etiam sales, qui in dicendo mmium quantum valent.» - «Dieser Stil wird auch gelegentlich mit einem Salzkorn Humors gewürzt werden, was beim Reden beachtlich viel bedeutet.»9 Bei der Behandlung der genera dicendi bzw. elocutionis, der Stilartenlehre, im Orator beläßt es Cicero jedoch bei äußerst knappen Anweisungen, was es beim humorvollen Reden zu beachten und zu vermeiden gelte. Auf die verschiedenen Arten des Komischen will er an dieser Stelle nicht näher eingehen. Sein Gegenstand ist ein anderer; er spricht nur kurz vom ridiadum, «cuius genera plura sunt; sed nunc aliud agimus.»10
In De oratore dagegen wird eine ausführliche Theorie des Lächerlichen bzw. des Witzes angestrebt. Darin ist zwar im Zusammenhang mit dem Salz von den «sermonum condimenta»11 die Rede (und noch bei Quintilian heißt es:...