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Der Spuk scheint vorbei: Trump ist nicht mehr Präsident der USA, seine Berater*innen entmachtet, die Welt ist wieder im Gleichgewicht. Oder? So einfach ist das nicht. Die letzten Jahre haben Spuren hinterlassen – in der Gesellschaft und in jeder einzelnen Person.
Für Emily Gorcenski sind diese Spuren tiefe Narben: „Die Leute verstehen nicht, wie es sich anfühlt, wenn der künftige Präsident der USA Bilder davon, wie du verprügelt wirst, in seiner Wahlwerbung benutzt“, erinnert sie sich im Gespräch mit der taz.
Am 11. August 2017 marschierten Rechtsextreme beim „Tiki Torch March“ durch Charlottesville, das langjährige Zuhause von Gorcenski. Eigentlich gilt Charlottesville als eine der lebenswertesten Städte in den USA. Doch nicht an jenem Abend: Gorcenski und rund 15 andere Gegendemonstrant*innen standen Hunderten von Rechtsextremen gegenüber, die mit Tiki-Fackeln aus dem Gartencenter ausgerüstet waren. Die Polizei war abgezogen, die Situation war aufgeladen und eskalierte schnell: Erst bedrängten sie Gorcenski und ihre Mitstreiter*innen, dann griffen sie Gorcenski an. Alles festgehalten von deren Handykamera.
Man findet bis heute Aufnahmen auf Videoportalen, die Demonstrierenden – alles Männer – wirken gleichsam ekstatisch, wütend, aufgeputscht und echauffiert. Am nächsten Tag sollte eine andere Gegendemonstrantin, Heather Heyer, von einem Neonazi ermordet werden. „There were very fine people on both sides“, würde der damalige US-Präsident Trump später zu den Ereignissen dieser Tage sagen. „Es gibt feine Menschen auf beiden Seiten.“
Auf Youtube gibt es eine Dokumentation über diesen Tag: Gorcenski sitzt auf einer Parkbank und spricht mit einem Journalisten und sagt: „Ich dachte, ich würde sterben.“ Aber das Gefühl lähmte sie nicht, sondern trieb sie an. „Ich wollte alles tun, was in meiner Macht steht.“
Ihre Macht ist die Recherche: Als Datenanalystin mit Erfahrung in...