Content area
Full Text
Die vorliegende Übersicht beschäftigt sich mit neuen Definitionen und Präzisierung von diagnostischen Kriterien, neuen Entitäten und Kategorien, Vorläufer- bzw. frühen Läsionen, krankheitsdefinierenden klinischen Merkmalen sowie provisorischen Grauzonenlymphomen und folgt damit weitgehend dem kürzlich in der Zeitschrift Blood von dem WHO-Editoren-Team publizierten Review über die 2008-Klassifikation der lymphatischen Neoplasien [9].
Klassifikationen von Krankheiten sind die Sprache der Medizin. Die WHO-Klassifikation von lymphatischen und hämatopoietischen Neoplasien – publiziert 2001 und aktualisiert 2008 – repräsentiert einen weltweiten Konsensus, zu dem Pathologen, Kliniker und Grundlagenwissenschaftler beigetragen haben [79]. Das vornehmliche Prinzip der WHO-Klassifikation ist die Erkennung von gut definierten Krankheiten unter Heranziehung morphologischer, immunphänotypischer, genetischer, molekularer und klinischer Merkmale. Die Lymphomentitäten werden – soweit möglich – nach ihrer zellulären Herkunft und zusätzlich nach ihrer Ableitung von Vorläuferzellen und reifen Zellen geordnet. Dieses Prinzip hatte ursprünglich die „International Lymphoma Study Group“ für die Etablierung der Revised European-American Lymphoma Classification (REAL) entworfen [32]. Umfangreiche Studien an großen Serien von Tumoren aus verschiedenen Teilen unseres Erdballs [1] bestätigten die praktische Anwendbarkeit, die Reproduzierbarkeit und die klinische Bedeutung dieses Klassifikationsprinzips. Damit endete der lange Meinungsstreit über die Klassifikation von Lymphomen [38].
Neue Definitionen und Präzisierung von diagnostischen Kriterien
Die 2008 vorgenommene Aktualisierung der WHO-Klassifikation hat Konsensusrichtlinien und Empfehlungen für die Definition einiger gut etablierter Lymphomentitäten übernommen. Diese betreffen die lymphoblastischen Vorläuferzelllymphome, die chronische lymphatische Leukämie (CLL; [30]), das lymphoplasmozytische Lymphom (LPL), die Waldenström-Makroglobulinämie (WM; [56]), die Kategorien des Plasmozytoms/Plasmazellmyeloms [15] sowie die kutanen Lymphome [43, 85]. Das Grading der follikulären Lymphome wurde revidiert. Die Definition einiger T-Zelllymphome wurde präzisiert einschließlich des enteropathieassoziierten T-Zell-Lymphoms, des anaplastischen großzelligen Lymphoms (ALCL) und des subkutanen pannikulitisartigen T-Zell-Lymphoms.
Lymphoblastische Leukämien/Lymphome (LBL)
Konventionell morphologisch und immunhistologisch bilden die LBL der B-Zell-Reihe (B-LBL) und der T-Zell-Reihe (T-LBL) jeweils eine weitgehend homogene Gruppe. Neu in der 2008-WHO-Klassifiktation ist die Unterteilung der LBL vom B-Zell-Typ in zwei Subgruppen: B-LBL, nicht weiter spezifiziert (NOS) und in B-LBL mit rekurrenten genetischen Anomalien [79]. Bei dem B-LBL mit rekurrenten genetischen Anomalien können 7 genetische Subtypen voneinander abgegrenzt werden (Tab. 1), die sich auch im klinischen Verlauf unterscheiden. In der Vergangenheit hatte die BCR/ABL-positive B-LBL die ungünstigste Prognose. Das hat sich seit der Einführung der Therapie mit Tyrosinkinasehemmern wie Imatinib und seiner neueren Varianten hochgradig geändert. Dank dieser neuen Therapie gehört jetzt die BCR/ABL-positive B-LBL zu...