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Burgard, Matthias: Das Monster von Morbach: Eine moderne Sage des Internetzeitalters (Mainzer Beiträge zur Kulturanthropologie/Volkskunde 2). Münster (u. a.): Waxmann, 2008. 90 S.
Der schmale Band trägt seine Reizvokabeln im Untertitel: Eine moderne Sage des Internetzeitalters. ,Moderne Sage' ist das geläufige - und damit auch Burgards - Stichwort für das, was wir seit Jan Harold Brunvand( 1981) als ,urban legend' oder ,contemporary legend' kennen, was Helmut Fischer (1991) ,Sagen der Gegenwart' genannt hat und Rolf Wilhelm Brednich ( 1 990) ,aktuelle, zeitgenössische, zeitnahe Sagen'. Brednich wird mit dem Satz zitiert: "Das Moderne an den modernen Sagen ist ihre massenhafte Verbreitung durch Druckmethen und elektronische Methen" (S. 18 f.). Die Verbreitung durch das Internet ist somit, wenn kein Definitionsmerkmal, so doch ein entscheidendes Spezifikum.
In der Einleitung formuliert der Autor, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand im Fach Kulturandiropologie/Volkskunde an der Universität Mainz, das Ziel seiner Arbeit: "Den soziokulturellen Hintergründen dieser modernen Sage wird im Folgenden nachgegangen [...]. Moderne Sagen haben ein ausgeprägtes Verhältnis zur Realität und spiegeln aktuelle Bewußtseinsinhalte wider. Die Aufgabe der Volkskunde ist es, einen Beitrag zum Verständnis der Lebenslage und des Bewußtseins von Menschen zu leisten. In diesem Sinne ist moderne Erzählforschung Bewußtseinsforschung." (7).
Burgard hat zu diesem Zweck empirische Forschungen an den Sagenorten Wittlich und Morbach durchgeführt, das Internet durchforstet, mit zahlreichen Netzbesuchern Kontakte geknüpft und Erhebungen unter im Hunsrück stationierten US-amerikanischen Soldaten vorgenommen.
Aber die Ergebnisse dieser Recherchen werden erst ab dem zweiten Drittel seiner Darstellung relevant. Zunächst wird dem Leser in einiger Ausführlichkeit der Forschungsstand zu den Themen ,Sage' und ,Werwolf vorgestellt. Burgard referiert dazu beinahe das gesamte Spektrum der derzeitigen Forschungsergebnisse und -theorien. Er ist keineswegs mit allem einverstanden und hebt mindestens die ihm wichtigen Gesichtspunkte besonders hervor. "Sagengestalten sind in der Wissenschaft keine objektiven Tatsachen, sie lassen sich weder beweisen noch widerlegen. Somit können Sagen Realität erschaffen bzw. sind psychische Realität. Die Volkskunde interessiert sich in erster Linie für solche Realitäten und nicht für die Wahrheit" (15). Den Terminus ,Volksglauben' möchte er durch "kollektive Glaubensvorstellung" ersetzt wissen (14). Im Hinblick...





