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Naumann, Nelly: Die Mythen des alten Japan. München: Beck 1996. 231 p., Abb.en.
Mit diesem Band macht die bekannte Freiburger Japanologin Nelly Naumann die Geisteswelt der japanischen Mythen dem deutschsprachigen Leser zugänglich. Sie beschränkt sich dabei nicht auf die Übersetzung der überlieferten Quellentexte, sondern arbeitet die schwierige Materie durch umfangreiche Erläuterungen auf.
Naumann vertritt die Auffassung, der Mythos vermittle uns eine existentielle Wahrheit. Es gehöre zu seinem Wesen, bildhaftzu sein, so daß rationale Begriffe und Spekulationen Fremdkörper in der Sprache des Mythos seien (Einführung, p. 2). Ein genaues Erfassen der Textinhalte ist also Voraussetzung für ein Verständnis der Mythen aus sich heraus (21).
Die Texte, die Naumann aus dem Japanischen übersetzt hat, entstammen den beiden ältesten japanischen Literaturdenkmälern, dem Kojiki (Aufzeichnungen alter Geschehnisse) und dem Nihongi bzw. Nihonshoki (Annalen Japans). Ersteres wurde zu Beginn des Jahres 712 dem japanischen Thron vorgelegt, letzteres ist das 720 vollendete offizielle Geschichtswerk des alten Japan. Die in beiden Werken aufgezeichneten Mythen haben die gleiche Grundtendenz: Herrschaftsanspruch und Legitimation des Herrscherhauses sollen durch den mythischen Präzedenzfall, nämlich die göttliche Abstammung und den göttlichen Auftrag, begründet und durch die ununterbrochene Folge der 'Einen Dynastie durch alle Generationen' bestätigt werden (8).
Auf eine Einfuhrung in die japanischen Mythen mit einem Überblick über den Stand der Forschung folgt der Hauptteil mit den Übersetzungen der mythischen Originaltexte und den Erläuterungen. Dieser Hauptteil ist wiederum in drei Teile unterteilt: Theogonie, Kosmogonie, Kosmologie, Die mythische Weltordnung und Der politische Mythos, Die weitere Unterteilung in einzelne...