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Bettina von Jagow, Oliver Jahraus (Hrsg.): Kafka-Handbuch Leben - Werk - Wirkung Gçttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2008, 576 Seiten
Von einem Handbuch zu einem Autor erwartet man grundliche, kompakte Informationen zu Leben und Werk. Daher soll es den Stand des Wissens z. B. uber einen Autor und sein Werk mçglichst verlasslich zusammenfassen. Es soll uber wesentliche Aspekte seines Lebens und seinesWerks, seiner Zeit und seiner Wirkung informieren, es soll einen Uberblick uber grundlegende Fragestellungen, Richtungen, Kontroversen und neue Perspektiven der Forschung geben, den aktuellen Stand der Erkenntnisse festhalten, Gesichertes, Kontroverses, und womçglich, Lucken und offene Fragen der Forschung benennen, weiterfuhrende Interpretationsansatze erçffnen.1 Dieses Handbuch erfullt solche Erwartungen nur zum Teil.Naturlich vermisst man an solchen Handbuchern immer etwas. Doch fehlen hier wesentliche Dimensionen von KafkasWerk, begrundet durch die theoretische Anlage des Handbuchs. Der Stand des Wissens wird oftnicht klar oder nicht differenziert genug prasentiert.
Wie der Untertitel verheißt, will das Handbuch, wie fur solche Handbucher ublich, uber "Leben - Werk - Wirkung" informieren. Im Vorwort schreiben die Herausgeber: "Das vorliegende Kafka-Handbuch erçffnet auf der Grundlage der geleisteten und aktuellen Forschung grundlegende Informationen in einem umfassenden Uberblick zu Leben, Werk,Deutung und Wirkung desjenigen Autors, der wie kaum ein anderer im Mittelpunkt interpretatorischer und literaturtheoretischer Anstrengungen steht" (S. 9). Aufgebaut ist das Buch in vier Abschnitten: "Franz Kafka. Der Mensch zwischen Leben und Werk", "Werkuberblick", "Deutungsperspektiven" und "Einzelinterpretationen". Den Abschluss bilden eine umfangreiche Bibliographie der Forschungsliteratur (S. 553- 567) und ein Werk- und Personenregister. Eine eigene Ubersicht uber die Editionen fehlt.
Schon hier fallt auf, dass auch ein Abschnitt zum "Leben" und zur Wirkung fehlt. Fragen der Wirkung werden im Abschnitt "Deutungsperspektiven" inWaldemar Fromms Beitrag zur "Kafka-Rezeption" (S. 250 - 259) behandelt. Doch enthalt dieser Beitrag große Lucken. Die Wirkung in England, in den USA, in Frankreich wird mit nur wenigen, kargen Satzen beruhrt, die Rezeption nach 1945 konzentriert sich auf die Forschungsgeschichte (Beißner, Emrich, Politzer, Sokel). Nichts z. B. uber die Pragung und die internationale Karriere des Schlagworts "kafkaesk", nichts uber die fruhe und hochinteressante Rezeption in Belgien und den Niederlanden, nichts uber die politisch brisante Kafka- Konferenz in Liblice 1963, viel zu wenig uber die Rezeption Kafkas bei Schriftstellern und Kunstlern. So kommt die wohl einzigartige internationale Wirkung Kafkas nicht in den Blick.2
In den vier...