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Der Augenschein: Mullaitivu im Norden Sri Lankas
Meine Reise führte mich von Colombo nach Mullaitivu im Norden Sri Lankas sowie nach Chennai in Tamilnadu/Südindien. Beide Gebiete waren von der Flutwelle schwer getroffen. In Colombo richtete die Flutwelle vergleichsweise wenig Schaden an, da die Stadt an der Westküste Sri Lankas liegt und somit vor dem Schlimmsten geschützt war. Lediglich in den südlichen Vororten waren einige Schäden zu vermelden: Im Mount Lavinia Hotel, gelegen im Vorort gleichen Namens, wurde das Strandrestaurant überspült. Einige Restaurants am Strand, mehrheitlich palmgedeckte Hütten, wurden ebenfalls überschwemmt, sind aber inzwischen wieder aufgebaut worden. Schlimme Schäden und die meisten Todesopfer gab es an der Nordost- und Ostküste, angefangen von Galle im Süden bis hinauf nach Hambantota, Amparai, Batticaloa, Mullaitivu, Trincomalee. Auch die Halbinsel Jaffha ganz im Norden wurde noch von der Flutwelle getroffen. In ganz Sri Lanka geht man inzwischen von über 31.000 Todesopfern aus (nach anderen Berichten 37.000-40.000),1 die Mehrzahl davon an der Ostküste zwischen Amparai und Jaffna: über 17.324.2
Die Stadt Mullaitivu, cher ein Marktflecken, und der Bezirk gleichen Namens liegen im Norden Sri Lankas direkt am Meer und leben vor allem vom Fischfang. Während des Bürgerkrieges war das Städtchen heftig umkämpft und wechselte mehrmals die Besatzer. Inzwischen steht der Bezirk, wie die übrige Nordostregion, das Vanni, unter Kontrolle und Verwaltung der LTTE (Liberation Tigers of Tamil Eelam). Die Katastrophe forderte allein hier 2771 Todesopfer, 552 Personen werden noch vermißt. Fast jede Familie in der Stadt ist betroffen, denn die Zahl der Verletzten beläuft sich ebenfalls auf 2590 Personen, und über 21.000 Menschen gelten als displaced, haben also ihre Häuser und Hab und Gut verloren und mußten in eines der 23 Welfare Centres flüchten, wie die Auffanglager genannt werden.3 Schon der fast zwei Jahrzehnte währende Bürgerkrieg hatte die Stadt verwüstet; die Flut zerstörte den Rest. Die Fischerhütten am Strand wurden völlig ausradiert, ebenfalls eine Kirche direkt am Meer, die der Krieg unversehrt gelassen hatte, sowie das Postamt und, besonders schlimm, ein Kinderheim und eine Schule. Hunderte von Metern weit sieht man nur noch Sand und Trümmer, ab und zu ein paar Betonfundamente, die übriggeblieben sind, und vor allem Gestrüpp von entwurzelten Bäumen und Pflanzen, das jetzt von Helfern zusammen mit anderem Unrat verbrannt wird. Das Kinderheim, Centalir, stand sehr nahe am...