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Am 7. Dezember 2012, wenige Tage vor seinem 85. Geburtstag, verstarb der emeritierte Professor für Ethnologie Rüdiger Schott, dem neben der Afrikanistik auch die Erzählforschung viel zu verdanken hat. Am 10. Dezember 1927 geboren, gehörte er zu der Generation, die als Sechzehnjährige von der Schulbank geholt, als Luftwaffenhelfer an den Flakgeschützen und in den letzten Kriegsmonaten zum Kampf in der Wehrmacht eingesetzt wurden. Im Herbst 1945 zog die Familie zurück in ihr Bonner Haus. Der Vater blieb im Krieg verschollen, die Mutter mußte ihre fünf Kinder und ihre Mutter allein durchbringen. "Was Geldnot, Hunger und Frieren bedeuten, habe ich in den Nachkriegsjahren reichlich am eigenen Leibe zu spüren bekommen," schrieb er später in seinen Erinnerungen Mein Weg zur und in der Ethnologie (in: Paideuma 48 [2002] 7-31).
1947-53 studierte Schott in Bonn Völkerkunde/Ethnologie. Daneben belegte er auch Geographie, Ur- und Frühgeschichte, Geschichte, Philosophie, Theologie und Psychologie. Damit legte er den Grundstein für seine späteren so vielseitigen Forschungen. Sein Lehrer Hermann Trimborn kam vom Studium der Wirtschafts- wissenschaft zur Ethnologie; Wirtschafts- und Rechtsethnologie waren seine Hauptforschungsgebiete. Das regte Schott an, seine Doktorarbeit über Wirtschafts- ordnung und Nahrungsverteilung bei Wildbeutervölkern zu schreiben (1954, erschienen 1955 als Anfänge der Privat- und Planwirtschaft). Während der vier Jahre als wissenschaftlicher Angestellter der Universität Bonn (1953-58) befaßte er sich vor allem mit Eigentums- und Erbrechten der Nordwestküsten-Indianer, spezialisierte sich aber während seiner Assistentenjahre (1961-64) an der Frei- burger Arbeitsstelle für kulturwissenschaftliche Forschung, heute Arnold-Berg- straesser-Institut, in der Afrikaforschung. So habilitierte er sich 1964 an der Universität Bonn mit der Studie Soziale Beziehungen zwischen ethnischen Gruppen in Südafrika.
Nach kurzer Zeit als Privatdozent an der Universität Bonn wurde er 1965 auf den neuerrichteten Lehrstuhl für Ethnologie der Universität Münster berufen sowie zum Direktor des ebenfalls neubegründeten Seminars für Völkerkunde ernannt. Dort wirkte er bis zu seiner Emeritierung 1993. Zwischen 1966 und 1989 verbrachte er mehrere längere Forschungsaufenthalte in Westafrika. In Nordghana widmete er sich den Bulsa und in Burkina Faso den Lyela, beides Volksgruppen, über die bis dahin wenig bekannt war. Er selbst beschreibt die Schwerpunkte, die er bei seinen Arbeiten gesetzt hatte:
(1) Sozialer Wandel: Aufgabe der Ethnologie sei, die kulturellen Leistungen, Lebensformen und Anschauungen fremder Völker, vor allem schriftloser Völker, für die Nachwelt und vornehmlich für die betreffenden Völker selbst...