1. Einleitung
Methodisch durchgefuhrte Gesprache sind hochkomplexe Kommunikationssituationen, die durch die Individualitat und Subjektivitat von Fragenden und Befragten wesentlich bestimmt und als Feld sozialer Interaktionen betrachtet werden. Die Komplexitat dieser Interaktionen und Kommunikationssituationen lassen sich dabei nicht allein durch quantifizierende Verfahren ausloten, konnen vielleicht nicht einmal wahrgenommen werden und einen Standard fur das so genannte qualitative Interview gibt es auch nicht (HELFFERICH 2004). Auf der Seite der Forschenden sind deshalb plausible und transparente Untersuchungsmethoden vorzuhalten, die valide Ergebnisse erzeugen, die auch kommunizierbar sind. DEPPERMANNs Buch bietet hier einen Beitrag zur Qualitatssicherung sozialwissenschaftlicher Forschung, indem es sich auf die methodische Analyse von Gesprachen konzentriert und vom Nutzenden die Bereitschaft erwartet, sich prazise am tatsachlich entstandenen Text eines Gesprachs zu orientieren. In qualitativen empirischen Bereichen der Sozial- und Humanwissenschaften sind Gesprache, vor allem in familialen und in Alltagssituationen Gegenstand der Forschung. Arnulf DEPPERMANN will einem Defizit, das er auf der Seite methodologischer Reflexion bemerkt, abhelfen, indem er die Gesprachsanalyse in kleine Schritte der Analyse unterteilt, die selbst als eine Art Leitfaden dienen konnen. So sieht DEPPERMANN die Aufgabe seiner Einfuhrung in sieben Kapiteln darin, allgemeine und methodische unverzichtbare Vorgehensweisen zu zeigen (S.8), die vom Forschenden dann selbst auf sein eigenes Forschungsfeld zugeschnitten werden konnen und mussen. [1]
2. Zum Buch 2.1 Aufgaben und Rahmenbedingungen der Gesprachsforschung
Im Folgenden werde ich mich an die Gliederung des Buches selbst halten: DEPPERMANN gibt folgende Gliederung vor: Kapitel 1: Zur Aufgabe einer gesprachsanalytischen Methodik; Kapitel 2: Fragestellungen der Gesprachsforschung; Kapitel 3: Datenaufnahme; Kapitel 4: Aufbereitung des Datenmaterials zur Analyse; Kapitel 5: Transkription; Kapitel 6: Gesprachsanalyse; Kapitel 7: Gutekriterien fur Gesprachsanalysen; Literatur; Anhang. Im ersten Kapitel gibt DEPPERMANN funf Kriterien an, die allgemein fur Gesprache gelten sollen:
* Konstitutivitat: ein Gesprach wird von den Teilnehmenden gewollt und hergestellt.
* Prozessualitat: ein Gesprach ist ein zeitliches Gebilde, das sich selbst durch Interaktionen und Abfolge von Aktivitaten strukturiert.
* Interaktivitat: Gesprache sind keine Monologe, sondern bedurfen notwendigerweise der Aktivitat aller Teilnehmenden.
* Methodizitat: die Teilnehmenden benutzen kulturell gultige Codes und Zeichen, um sich zu verstandigen.
* Pragmatizitat: in einem Gesprach werden bestimmte Zwecke verfolgt (S.9). [2]
DEPPERMANN nennt sein Vorgehen gegenstandsfundierte Methodik, d.h. er tragt keine Methoden von auserhalb des Gegenstandes in sein Vorgehen ein und seine aufgestellten Regeln der Analyse lassen sich prinzipiell auf jedes Gesprach anwenden und gehen der Frage nach, wie Menschen Gesprache fuhren und diese gestalten. In den Blick rucken dabei die Gesprachsorganisation, die Darstellung von Sachverhalten, die Ziele und Zwecke als Handlungen, die sozialen Beziehungen der Gesprachsteilnehmenden untereinander, der Modus des Gesprachs und die Herstellung von Verstandigung und Kooperation (=Reziprozitat) (S.10). Methodisch grenzt sich DEPPERMANN gegen Verfahren ab, die apriorische Hypothesen entwickeln und auf den Gegenstand anwenden, weil so keine Moglichkeit mehr bereitstunde, die Eigenarten eines Gesprachs zu entdecken:
"Die Gesprachsanalyse fordert, das wissenschaftliche Aussagen falladaquat sein mussen, und strebt die Explikation von Gesprachspraktiken an, wahrend es der quantitativen Sozialforschung darum geht, zu generalisierbaren Aussagen zu gelangen und Korrelationen zwischen Variablen in bezug auf eine Population festzustellen." (S.11) [3]
2.2 Fragestellungen der Gesprachsforschung
Im zweiten Kapitel seines Buches untersucht DEPPERMANN die Vielfalt und Einheit gesprachsanalytischer Fragestellungen und stellt dabei funf relevante Unterschiede von Untersuchungstypen fest:
* Grosenordnung des Phanomens: was am Text wird untersucht?
* Kontextspezifitat des Phanomens: welche Kontexte (z.B. Inhalte, Sprecherwechsel usw.) werden untersucht?
* Oberflachennahe des Phanomens: wie hoch ist der Interpretationsaufwand (z.B. bei ironischen Aussagen)?
* Form- vs. funktionsbestimmte Analyse: warum werden soziale Sachverhalte oder wie werden Sinn und Ordnung im Gesprach hergestellt?
* Methodenpurismus vs. -kombination: welche Daten werden mit zur Interpretation eines Gesprachs herangezogen? (S.15) [4]
Methodisch gruppieren sich zu diesen Unterschieden verschiedene Moglichkeiten der Untersuchung, so z.B. die Untersuchung der Formen (Methoden, Praktiken, Ressourcen, Verfahren, linguistische Formen), der Gattungen, der speech events, die Bewaltigung der Interaktionsprobleme, die Ebene der Institutionalisierung, die sozialen Handlungsfelder usw. Grundsatzlich gilt aber die Einschatzung der Angemessenheit der Methode, wenn man weis, welche Fragen beantwortet werden sollen und welche Daten der Antwort zur Verfugung stehen (S.18). Hierbei kommt ein rekonstruktives Erkenntnisinteresse der Gesprachsanalyse ins Spiel, das hermeneutisch aber die Voreinstellungen des Untersuchenden berucksichtigen muss, sonst - so DEPPERMANN - wurde das im Gesprach analysiert, was der Forschende hinein tragt und vorher schon annimmt oder es wurden Scheinprobleme ohne Relevanz untersucht. Trotzdem sollten naturlich die Fragestellung und damit auch das Erkenntnisinteresse des Forschenden geklart sein:
"Es gibt also nicht die Analyse eines Gesprachs, sondern immer nur eine Analyse unter einer Fragestellung und in Hinblick auf bestimmte Interessen. Die Fragestellung bestimmt schlieslich auch mit, was bei der Datenaufbereitung notiert wird und welche Phanomene man im Transkript wiedergibt ... " (S.20). [5]
2.3 Datenaufnahme
Im dritten Kapitel wird prazise die Datenaufnahme mittels Ton- und Videoaufzeichnungen beschrieben, sodass eine abbildtreue Moglichkeit der Archivierung von Gesprachen und auch die Rekonstruktion von kultureigenen Formen in den aufgezeichneten Gesprachen entsteht. Der Kontext von Gesprachen ist ebenfalls zu konservieren (Hintergrunde, Gesprachsatmosphare, Widerstande, Verlauf von Vorgesprachen und Kontakten, eigene Befindlichkeiten wahrend des Gesprachs, Spannungen, Eindrucke usw.), um das Beobachterparadoxon zu minimalisieren: "Valide Aufnahmen bekommen wir, wenn Existenz und Ausformung des interessierenden Phanomens von der Aufnahme nicht beeinflusst werden."(S.25) [6]
DEPPERMANN empfiehlt bei der Datenanalyse spater nicht mit Originalaufnahmen, sondern grundsatzlich nur mit Kopien zu arbeiten, um Verluste zu vermeiden. Zudem wird eine Analyse des gesamten Materials am Anfang nicht moglich sein, sondern es werden Teilausschnitte analysiert und in einem Prozess dann aneinander gefugt. Die Datenanalyse setzt eine okonomische Datenverwaltung von Anfang an voraus, d.h. Gesprache mussen inventarisiert und in Passagen selektiert werden; zudem ist grundsatzlich eine elektronische Transkription von Anfang an sinnvoll, um z.B. mit Hilfe entsprechender Computerprogramme schnell codieren zu konnen. DEPPERMANN versteht unter Transkription eines Gespraches "die Verschriftung von akustischen oder audiovisuellen (AV) Gesprachsprotokollen nach festgelegten Notationsregeln" (S.39). Aufgezeichnete Gesprache sind bei der Transkription zu anonymisieren, um die Datenschutzbestimmungen einhalten zu konnen: so werden Orte und Namen ersetzt, wobei der Forschende uber einen "Maskierungsschlussel" verfugen muss, um sich noch orientieren und spater auch noch die Gesprache zuordnen zu konnen. [7]
2.4 Aufbereitung des Datenmaterials zur Analyse
Im vierten Kapitel gibt DEPPERMANN noch ein paar nutzliche Tipps, wie z.B. Maskierung und Deckblatt usw. aussehen konnten (S.32ff.). Wichtig ist, schon bei der Transkription Memos zu notieren, d.h. Assoziationen, Auffalligkeiten usw. festzuhalten. Bevor die eigentliche Analyse beginnen kann, ist es sinnvoll, das Material zusammenzufassen und kollegial zu erortern, was wiederum in Memos festgehalten wird. Wenn Gesprache nur selektiv ausgewertet werden sollen, ist es nach DEPPERMANN sinnvoll, sich mit dem Gesprachsbeginn oder -ende oder mit Initialpassagen zu beschaftigen oder mit augenscheinlichen Auffalligkeiten. Die Aufbereitung gesammelter Daten geschieht in vier entscheidenden Schritten, die zu einer Definition des untersuchten Materials fuhren und nicht nur die Frage nach dem "Wie" und "Was", sondern auch nach dem "Warum" klaren soll (GUBRIUM & HOLSTEIN 2000, S.502): Erstellen von Gesprachsinventaren (ein Beispiel fur ein Gesprachsinventar findet der Nutzende des Buches auf den S. 33f), klare Bestimmung des Untersuchungsgegenstandes, Begrenzung auf zu untersuchende Passagen in den Gesprachen und Transkription der Aufnahme. Vor allem in diesem Kapitel bezieht sich DEPPERMANN inhaltlich auf das Handbuch von DENZIN und LINCOLN (2000, S.633):
"The socially situated researcher creates through interaction the realities that constitute the places where empirical materials are collected and analyzed. In such sites, the interpretive practices of qualitative research are implemented. These methodological practices represent different ways of generating empirical materials grounded in every day world." [8]
2.5 Transkription
Wichtig bei der Transkription ist grundsatzlich alles, selbst Pausen konnen einen heuristischen Wert haben, sodass es notig ist, sich auf ein Transkriptionssystem festzulegen und dieses konsequent beizubehalten. DEPPERMANN empfiehlt dabei in seinem funften Kapitel das so genannte gesprachsanalytische Transkriptionssystem (S.41), dessen Regeln im Buch auf den Seiten 119 bis 121 zusammengefasst sind und die eine gute Basis bei konsequenter Anwendung fur die spatere Paraphrasierung und Codierung liefern. DEPPERMANN fasst zusammen:
"Das Transkript soll so beschaffen sein, das es dem Leser erlaubt, die Fundierung und die Validitat der Ergebnisse einzuschatzen; es mus also auch solche Aspekte enthalten, die geeignet waren die Analyse zu widerlegen [...] Aus diesen Uberlegungen ergibt sich eine allgemeine Regel des Auflosungsniveaus: Das Auflosungsniveau des Transkripts mus mindestens eine Abbildungs- bzw. Beschreibungsebene detaillierter sein als das Auflosungsniveau, auf dem der Untersuchungsgegenstand definiert ist. Nur so ist gewahrleistet, das mit dem Transkript untersucht werden kann, wie die Phanomene im Gesprach konstituiert werden (anstatt ihre Existenz im Transkript schon vorauszusetzen)." (S.47) [9]
2.6 Gesprachsanalyse
Das sechste Kapitel ist der zentrale Abschnitt im Buch, der sich nun der eigentlichen Gesprachsanalyse widmet, d.h. der Analyse der sprachlichen Formen im Gesprach, indem nach der Funktion der Formen gefragt und diese reflektiert wird: Es geht stattdessen darum, die Prinzipien zu rekonstruieren, an denen sich die Beteiligten selbst beim Handeln und Interpretieren im Gesprach orientieren, und dies soll soweit als moglich an den Daten, d.h. an wahrnehmbaren, prinzipiell "offentlichen, weil fur alle hor- und sichtbaren Merkmalen des Gesprachsprotokolls ausgewiesen werden" (S.50). Zuerst werden die "displays" eines Gesprachs, d.h. die Auffalligkeiten eines Gesprachs analysiert und auf ihre Relevanz fur das Gesprach insgesamt bezogen; danach folgt eine detaillierte Sequenzanalyse. Nur durch sie lassen sich Gesprachspraktiken definieren, Fallinterpretationen entwickeln, theoretische Konzepte bilden oder Aussagen uber Prinzipien und Strukturen machen (S.53). Auserung fur Auserung wird paraphrasiert, dann wird die Art und Weise, in der gesprochen wird, untersucht (hierzu gehoren auch Phonetik, Prosodie, Grammatik, Lexik, Stil usw.). Sprecherwechsel und handlungsbegleitende Kommunikation schliesen sich im Schritt "Timing" an; danach folgt die Kontextanalyse, in der Gesprachsteile aufeinander bezogen werden und auf intertextuelle Zusammenhange geachtet werden muss. Die Reflexion von Folgen, Konsequenzen und Sequenzmustern beenden diesen Schritt. Alle Analyseschritte mussen dann der prozeduralen Wie-Seite und der funktionalen Wozu-Seite zugeordnet werden (S.79). Wenn dieses Analyseniveau erreicht ist, beginnt das Kategorisieren und das Aktivieren von Ressourcen des Wissens auserhalb des Gesprachs. Zu fragen ist dann, inwieweit die Bedingungen auserhalb des Gesprachs Inhalte und Gesprachsprozesse mitkonstituieren oder nicht (S.102). [10]
AnfangerInnen, die Ausschau nach gelungenen, illustrierenden Beispielen halten, werden von DEPPERMANN etwas enttauscht sein, denn er verweist auf sehr wenige Beispiele. In diesem Zusammenhang sind die Aufsatze von FONTANA und FREY (2000), HODDER (2000) und SILVERMAN (2000) lesenswert, weil sie die soziolinguistischen Ausfuhrungen DEPPERMANNs fur Rezipierende nachvollziehbar machen. [11]
2.7 Gutekriterien fur Gesprachsanalysen
Das siebte Kapitel formuliert - teilweise auf sehr abstraktem Niveau - Gutekriterien fur Gesprachsanalysen wie Reliabilitat (Genauigkeit und Verlasslichkeit der Daten), Validitat (Verhaltnis der Daten zur sozialen Wirklichkeit und zu theoretischen Konzepten, Wahrheit und Generalisierbarkeit der wissenschaftlichen Aussagen), Transparenz des Forschungsprozesses, praktische Relevanz und Originalitat (S.105). DEPPERMANN rekurriert dabei der Sache nach auf Untersuchungen vor allem aus dem vierten Kapitel (siehe oben FONTANA & FREY, HODDER, SILVERMAN) des Handbuches fur qualitative Sozialforschung von DENZIN und LINCOLN (2000). Wichtig ist, dass die Gute auf alle Prozessschritte und nicht auf Details oder Einzelfragen bezogen ist, sowie insgesamt ein widerspruchsfreies und konsistentes Bild abgeben muss. Fur DEPPERMANN stehen die Qualitat der Daten, die Durchfuhrung und Prasentation der Gesprachsanalyse und die Frage der Generalisierbarkeit im Vordergrund. Die Qualitat der Daten muss das Niveau des Naturlichkeitsprinzips anstreben und darf keine Artefakte bilden. In gleicher Weise muss das Beobachterparadoxon beachtet werden. Die grundsatzliche Frage ist, ob das gesammelte Material uberhaupt Antwort auf gestellte Fragen geben kann. Wie oben schon erwahnt, kommt es wahrend des ganzen Forschungsprozesses auf hochste technische Kompetenz der Forschenden im Umgang mit Geratschaften und technischen Prozeduren an. DEPPERMANN nimmt hier eine wesentliche Perspektive der Grounded Theory auf, nach der Erkenntnisse anhand der Daten gewonnen werden mussen und nicht in die Daten als hermeneutisches, aber unreflektiertes, d.h. noch nicht bewusstes, Vorwissen hineingetragen werden durfen. Die Gesprachsparaphrasen und Reduktionen des Gesprachs mussen dem Gesprachsinhalt, dem -verlauf und der Gliederung des Gesprachs in seinen Formen entsprechen. Letztlich muss sich die Analyse auch an kleinen Details der Daten messen lassen konnen (S.107). Gutekriterium bleibt auch die Generalisierbarkeit der Daten. " 'Generalisierbarkeit' meint: Fur welche Bereiche gelten die aus der Untersuchung gewonnenen Aussagen? Auf welche Sprecherpopulationen, Situationen, kulturelle Gemeinschaften etc. konnen sie ubertragen bzw. verallgemeinert werden?" (S.109) [12]
DEPPERMANN empfiehlt folgende Strategien, um die Generalisierbarkeit der Daten herzustellen:
* Systematische Fallvergleiche
* Haufigkeitsverteilungen und korrelationsstatistische Signifikanztests
* Inventarisierung von Gesprachsmerkmalen und Merkmalen von Gesprachssituationen etc.
* Theoretische und konstruktlogische Argumentationen in Bezug auf kulturelle Eigenarten (S.109). [13]
Die Handlungsweisungen fur die NutzerInnen des Buches sind am Ende der einzelnen Kapitel und groseren Unterabschnitten noch einmal als Fragen und Arbeitsanweisungen zusammengestellt, wobei nicht die Gesamtheit der Aufgaben zu bewaltigen ist, sonst zoge sich eine Gesprachsanalyse unendlich in die Lange. Die Aufgaben sind hierarchisch und kategorial zu lesen und auf das jeweilige Datenmaterial anzuwenden. Die Validitat der Gesprachsanalyse muss, das ist das Ziel, plausibel, kommunikabel und in sich konsistent sein. [14]
3. Fazit
Das Buch von Arnulf DEPPERMANN schliest eine Lucke in der Didaktik und Vermittlung sozialwissenschaftlichen Methodenwissens und ist daher den an diesen Fragen Interessierten unbedingt zu empfehlen. DEPPERMANNs Buch bewegt sich dabei auf sehr hohem Niveau und stellt an die LeserInnen durchaus die Anforderung, sich auf diesem Niveau auch bewegen zu wollen; manchmal verliert er sich in semantische Details, die moglicherweise fur Lesende nicht wesentlich sind. Gleichzeitig ist naturlich hervorzuheben, dass die Detailverliebtheit des Autors auch von Vorteil sein kann, Gesprache - im Hinblick auf die Grose der Aufgabe - prazise zu analysieren und nicht mit Schludern anzufangen. Als Erganzung sollte das erwahnte Buch von Cornelia HELFFERICH gelesen werden; was bei DEPPERMANN bisweilen abstrakt formuliert und nicht sofort einsichtig ist, wird bei HELFFERICH nachvollziehbar. Der Mangel an konkreten und anschaulichen Beispielen in DEPPERMANNs Buch wird aber durch sehr praxis- und anwendungsbezogene Fragen und Aufgaben ausgeglichen, die auf das jeweilige Kapitel bezogen sind und sofort von AnfangerInnen auch umgesetzt werden konnen. Hier unterscheidet sich DEPPERMANN zugleich sehr von dem neuen Werk von HELFFERICH (2004), die sehr praxisbezogen und gleichzeitig an Beispielen arbeitet. Der Leser oder die Leserin muss m.E. selbst fur sich entscheiden, welcher Zugang geeignet ist. Arnulf DEPPERMANN hat jungst zusammen mit Gabriele LUCIUS-HOENE (2002) ein Buch zur Analyse von narrativen Interviews vorgelegt, das m.E. eher in die vorgeschlagene Richtung weist (siehe dazu SCHWABE 2003). Der grose Reichtum in DEPPERMANNS Buch liegt in der Sorgfalt eines einsichtigen Analyseprozesses und im Ablaufprozess von Datenerhebung - Datensicherung - Datenanalyse, die jedem empirisch Forschenden zur Routine werden muss. [15]
Zum Autor
Wilhelm SCHWENDEMANN ist Professor fur Evangelische Theologie und Religionsdidaktik/Religionspadagogik mit Schwerpunkt empirischer Religionspadagogik an der Evangelischen Fachhochschule Freiburg - Hochschule fur Soziale Arbeit, Diakonie und Religionspadagogik, Dep. II (Religionspadagogik). In einer zuruckliegenden Ausgabe von FQS hat Wilhelm SCHWENDEMANN eine Rezension zu Auf den Trummern der Geschichte: Gesprache mit Raul Hilberg, Hans Mommsen und Zygmunt Bauman (hrsg. von Harald WELZER) verfasst.
Kontakt:
Prof. Dr. Wilhelm Schwendemann
Evangelische Fachhochschule Freiburg
Buggingerstr. 38
D-79114 Freiburg
Tel.: 0761-47812-35
Fax: 0761-47812-30
E-Mail: [email protected]
URL: http://www.efh-freiburg.de/
Zitation
Schwendemann, Wilhelm (2004). Rezension zu: Arnulf Deppermann (2001). Gesprache analysieren. Eine Einfuhrung [15 Absatze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 5(3), Art. 3, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs040331.
© 1999-2011 Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research (ISSN 1438-5627)
Supported by the Institute for Qualitative Research and the Center for Digital Systems, Freie Universitat Berlin
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Copyright Freie Universität Berlin 2004
Abstract
Arnulf DEPPERMANN's book provides social researchers with concrete application knowledge, action orientation and hermeneutic methods. This knowledge and these tools enable researchers to appropriately understand and interpret texts regarding verbal interactions and communication. Readers are introduced in a step-by-step process into conversation and text analysis as a part of empirical social research. Conversation analysis is presented on different application levels. This book is especially suited for beginners in this area of research.
URN: urn:nbn:de:0114-fqs040331
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