Content area
Full Text
Leitthema
Urologe201049:4346 DOI10.1007/s00120-009-2197-8 Onlinepubliziert:9.Januar2010 SpringerMedizinVerlag2010
C.Leiber1U.Wetterauer1M.Berner2
1AbteilungUrologie,ChirurgischeKlinik, UniversittsklinikumFreiburg,FreiburgimBreisgau
2PsychiatrischeKlinik,UniversittsklinikumFreiburg,FreiburgimBreisgau
Testosteron und Psyche
Das menschliche Gehirn besteht aus mehr als 20 Mrd. Neuronen die mit ber 60 Brd. Synapsen verschaltet sind und stellt ein einzigartiges neuronales Funktionsnetzwerk dar. Die Funktion der verschiedenen Hirnareale unterliegt unterschiedlichen Steuerungsmechanismen. Mit Hilfe von funktionalen MRT- und SPECT-Untersuchungen konnten in der Vergangenheit viele neue Erkenntnisse ber die Funktionsweise des Gehirns gewonnen werden. Alle Steroidhormone (wie z. B. Kortikoide, strogen, Testosteron) knnen die Blut-Hirn-Schranke problemlos passieren. Verschiedene Funktionen des ZNS werden durch Steroidhormone im Allgemeinen und im Speziellen durch Testosteron gesteuert. Als Beispiele seien die prnatale sexuelle Differenzierung des Gehirns, das sexuelle Verhalten von Erwachsenen und Adoleszenten, die Gonadotropinsekretion und die Kognition genannt [1].
Der Einfluss von Testosteron wird grundstzlich ber 3 verschiedene Mechanismen ausgebt:1.
Durch den Androgenrezeptor, der im Gehirn v. a. im Hypothalamus, in der Hypophyse, den Amygdala und dem Septum vorkommt. Der Androgenrezeptor ist ein Polypeptid aus 910 Aminosuren und funktioniert als DNA-bindendes Protein mit ligandenabhngiger transkriptionsregulierender Aktivitt [2]. Da der Androgenrezeptor auch in zahlreichen zerebralen Blutgefen nachgewiesen wurde, spielt er wahrscheinlich auch bei der zerebralen Perfusion und der Steuerung der Blut-Hirn-Schranke eine Rolle [3].
2. Testosteron kann auch direkt durch einen G-Protein gekoppelten Membranrezeptor ber Calciumkanle wirken. Diese Wirkung erfolgt im Gegensatz zu der Androgenrezeptorvermittelten relativ schnell [4].
3. Durch Testosteron und stradiol knnen die Spiegel von verschiedenen Neuromodulatoren verndert und so sekundre Wirkungen ausgelst werden.
Die Enzyme Aromatase und 5-Reduktase kommen in unterschiedlichen Konzentrationen in fast allen Regionen des menschlichen Gehirns vor. Sie wandeln Testosteron in stradiol und Dihydrotestosteron (DHT) um. Daher kann in vielen Fllen nur schwer zwischen den genauen Auswirkungen der einzelnen Hormone unterschieden werden.
Auf die Sekretion von Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH), luteinisierendem (LH) und follikelstimulierendem Hormon (FSH) durch den Hypothalamus und die Hypophyse ben Androgene ein negatives Feedback aus. Es handelt sich um einen dynamischen Regelkreis zwischen den Gonaden und den bergeordneten Zentren im zentralen Nervensystems (ZNS).
Die Interaktion zwischen Testosteron und Psyche ist sicher wie bei allen Hormonen bidirektional, d. h. Hormone beeinflussen die Psyche, aber die Psyche kann auch zu hormonellen Vernderungen fhren. So gilt als gesichert, dass Stress, Angst, Aggression oder sexuelle Aktivitt einen Einfluss auf die Plasma-spiegel verschiedener Hormone haben. Wichtig ist jedoch im Folgenden, dass Hormone in der Regel keine...