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Byung-Chul Han Topologie der Gewalt Berlin (Matthes & Seitz) 201 1 192 S., EUR 19,90
Transparenzgesellschaft Berlin (Matthes & Seitz) 2012 96 S., EUR 10,-
Text: Thomas Edlinger
Die Kultur der Angst, die Erfahrung der Krise, der paranoische Krieg gegen den Terror als angeblichen »Ausnahmezustand in Permanenz« und die Skandale der Legitimierung und Normalisierung von Folter: All diese Symptombeschreibungen deuten auf brutalisierte gesellschaftliche Verhältnisse und systemische Gewalt hin. Zugleich hätte es eine Phänomenologie der Gewalt in den westlichen Demokratien heute gar nicht mehr so leicht, ihr Objekt dingfest zu machen. Es scheint, als wäre die Gewalt in ihrer materiellen Form im Verschwinden oder zumindest kaum mehr sichtbar. Der ohrfeigende Vater, der prügelnde Lehrer, der herrische Polizist, das massenmordende Militär - diese exemplarischen Figuren der gewalttätigen Disziplinargeseilschaft sterben allmählich aus. An ihre Stelle treten die Abwesenheit des Gesetzes des Vaters, der kollegiale oder überforderte Lehrer, der beamtete Sozialarbeiter und ein Militär, das sich und den betroffenen Bevölkerungen mit »Smart Bombs« den schmutzigen Krieg so weit wie möglich vom Leib zu halten versucht und seine Arbeit als polizeilich-humanitäre Mission verkauft. Die Gewalt, schreibt Byung-Chul Han, ist eine »Gegenfigur der Freiheit«; als...