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Gute Strategien kohärent über die verschiedenen Ebenen eines Unternehmens hinweg umzusetzen und lokal zu verankern ist schwierig. Viele Strategien scheitern nicht, weil die falsche Strategie formuliert wurde, sondern weil Strategie, organisationale Struktur und Kultur nicht aufeinander abgestimmt sind. Insbesondere in der Umsetzungsphase einer Strategie entstehen strategische Widersprüche (Paradoxe), die von den Akteuren gemanagt werden müssen.
Die Steuerung von Unternehmen durch festgelegte Strategien ist in der heutigen komplexen und sich schnell verändernden Welt wichtiger denn je. Die Einführung neuer Managementstrategien wird in der Strategieliteratur als ein linearer Prozess von Formulierung und nachfolgender Implementierung beschrieben.1 In der Unternehmensrealität zeigt sich jedoch, dass die Umsetzung von Strategien ein iterativer dynamischer Anpassungs- und Transformationsprozess ist. Strategien involvieren organisationale Akteure in einer Vielzahl widerstreitender Ziele, Prozesse und Praktiken, die es gleichzeitig umzusetzen und zu erfüllen gilt, die aber oft in direktem Widerspruch zueinander stehen. In der bisherigen Strategieforschung hat genau diese Betrachtung von Unternehmensstrategien unter dem Aspekt der Widersprüchlichkeit, die diesen innewohnt und die sich entlang von Strukturen, Prozessen und Praktiken in von Akteuren wahrgenommenen Konflikten äußert, zu wenig Beachtung gefunden. In der reinen Textform fordern Strategien oft ehrgeizige neue strategische Ziele und Visionen, die aber in der Realität des einzelnen Mitarbeiters, der diese umsetzen soll, oft Zielkonflikte und Sachzwänge entstehen lässt, die zueinander in Widerspruch stehen, aber gleichzeitig gemanagt werden müssen. Neue Ziele, die eingeführt werden, um großflächigen strategischen Wandel zu initiieren, ersetzen alte oder müssen in bestehende Strategien, Strukturen und Prozesse integriert werden.2 Bei dieser strategischen Widersprüchlichkeit handelt es sich um eine besondere Form strategischer Spannungen und Konflikte, da eine Priorisierung zwischen den widerstreitenden Elementen nicht gegeben oder möglich ist, da diese gleichwichtig sind und sie von organisationalen Akteuren auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig umgesetzt werden müssen.
Im Folgenden zeigen wir eine neue Perspektive der Strategieimplementierung, indem wir diese als ein strategisches Paradox konzeptualisieren. Innerhalb dieses Paradox stehen strategische Elemente, Ansprüche, Ziele oder Praktiken zueinander in Widerspruch und müssen immer wieder neu in Balance gebracht werden. Die Strategy-as-Practice3-Perspektive kann hier helfen, strategische Paradoxe4 bei der Implementierung von Strategien erfolgreich zu managen. Ein Strategy-as-Practice-Fokus betrachtet die konkreten Praktiken, die organisationale Akteure benutzen, um neue Strategien innerhalb der Grenzen der eigenen Aufgaben und Funktionen umzusetzen.5 Kernziel unseres Beitrages ist es, eine Brücke zwischen der Paradoxtheorie6 und der Strategy-as-Practice-Theorie zu schlagen...